Präzisionsonkologie für Patient:innen mit seltenen Krebserkankungen

Eine neue Studie des GHGA-Partners Deutsches Krebskonsortium (DKTK) belegt, dass Patient:innen mit früh einsetzenden oder seltenen Krebsarten von molekularen Analysen wie Gesamt-Genom /Exom-Sequenzierung und RNA-Sequenzierung profitieren.

Die umfassende Untersuchungen des Genoms und des daraus abgeleiteten Transkriptoms ermöglichen eine speziell auf den Erkrankten zugeschnittene Versorgung. Die NCT/DKFZ/DKTK MASTER-Studie etablierte nun einen standardisierten Arbeitsablauf für solche präzisionsonkologischen Analysen. Dieser ermöglichte es über 100 Partnern in ganz Deutschland, Patient:innen unter vergleichbaren Bedingungen zu untersuchen. Die molekularen und klinischen Ergebnisse der ersten 1310 Teilnehmenden wurden nun veröffentlicht. 

Anhand von 472 klinisch relevanten Genen und 6 Kombinationen aus genetischen Veränderungen, sog. komplexen Biomarkern, gab ein Team von Expert:innen im molekularen Tumorboard (MTB) evidenzbasierte Empfehlungen für die klinische Versorgung der untersuchten Patient:innen. In 86,9 % der Fälle wurde eine neue Therapie vorgeschlagen. Empfohlene Medikamente konnten in etwa einem Drittel der Fälle verabreicht werden, entweder im Rahmen von klinischen Studien, im Rahmen von Compassionate-Use-Protokollen oder off-label. Wenn verabreicht, zeigten die empfohlenen Therapien Wirkung. Sie verbesserten das Gesamtansprech- und die Krankheitskontrollraten im Vergleich zu früheren Therapien signifikant. In etwa einem Drittel der Patient:innen war eine Verbesserung des progressionsfreien Überlebens zu verzeichnen. Es profitieren aber nicht alle Untergruppen von den molekularen Analysen. Daher ist eine weitere detaillierte biologische Charakterisierung und die Entwicklung von Methoden zur Dateninterpretation unerlässlich.

Um im Klinikalltag Anwendung zu finden, muss Präzisionsmedizin zeitnah umsetzbar sein. Durch die Implementierung standardisierter und weitgehend automatisierter Kernprozesse wurde eine stabile Durchlaufzeit für die Probenverarbeitung, Sequenzierung und bioinformatische Analyse von etwa 21 Tagen erreicht. Die Gesamtbearbeitungszeit betrug 44 Tage, einschließlich histologischer Analyse und MTB-Meeting.

Die genomische und transkriptomische Analyse bietet also in der Klinik umsetzbare, diagnostische und therapeutische Vorteile für die bisher prognostisch ungünstige Patientenpopulation von seltenen Krebspatient:innen. Molekulare Analysen sollten daher auch früher im Krankheitsverlauf in Betracht gezogen werden. Die Ergebnisse könnten den Weg für klinische Studien und Arzneimittelzulassungen für seltene Krebserkrankungen ebnen.

Diese Studie wurde von den GHGA-Mitgliedern Stefan Fröhling und Hanno Glimm geleitet. GHGA will diese Art von Studien in der Zukunft unterstützen. Zum einen indem es Zugang zu Referenzdatensätzen, mit denen Patientenproben verglichen werden können, ermöglicht. Zum Anderen sollen Analyseprotokolle, die von Partnern wie dem MASTER-Programm entwickelt wurden, in die geplante GHGA-Analyseplattform eingebunden und damit verfügbar gemacht werden.

 

Originalpublikation

P. Horak, C. Heining, S. Kreutzfeldt et al. (2021) Comprehensive Genomic and Transcriptomic Analysis for Guiding Therapeutic Decisions in Patients with Rare Cancers. Cancer Discovery, a journal of the American Association for Cancer Research. DOI: 10.1158/2159-8290.CD-21-0126

Weitere Informationen

www.nct-heidelberg.de/master

www.nct-dresden.de/forschung/nct-master-program

Pressemitteilung

www.nct-heidelberg.de/das-nct/newsroom/pressemitteilungen/details/dkfznctdktk-master-studie-molekulare-analyse-unterstuetzt-therapieentscheidung-bei-seltenen-krebse.html