Keine Forschung oder innovative Gesundheitsversorgung ohne Daten

 

Die positiven Folgen des Datenaustauschs und von GHGA für die betroffenen Personengruppen.

Egal ob in der Wissenschaft oder in der klinischen Patient:innenversorgung: Daten sind mächtig. Genomische Informationen von einer einzelnen Person enthalten lediglich eine begrenzte Information. Nur durch die Zusammenführung von Daten aus größeren Kohorten erhält die Forschung die Kraft für solide Ergebnisse und neue wissenschaftliche Entdeckungen. 

Ziel von GHGA ist es, Datenschätze zusammenzuführen und das volle Potenzial der Daten zu erschließen. Die gemeinsame Nutzung von Daten auf geschützte und sichere Weise ermöglicht wissenschaftliche Entdeckungen und die Entwicklung von Diagnoseinstrumenten und Therapien.

 

Omics ist ein wichtiger Bestandteil der biomedizinischen Forschung und zunehmend Teil der medizinischen Standardversorgung

 

Dank des raschen technologischen Fortschritts sind die Kosten für die Sequenzierung des Erbguts drastisch gesunken, so dass die Methode für Forschende erschwinglich und zugänglich geworden ist. Darüber hinaus haben fortschrittliche bioinformatische Methoden die Sequenzierung zu einem Standardverfahren für Forschung und Diagnostik gemacht, wodurch eine riesige Menge an Daten erzeugt wird. Das schnelle Wachstum der verfügbaren Daten ist eine große Herausforderung, aber auch eine noch nie dagewesene Chance für die Forschung. 

Genomische Daten gewinnen in der Gesundheitsversorgung zunehmend an Bedeutung. Sie ermöglichen die Diagnose von (seltenen) Krankheiten, deren zugrunde liegenden genetischen Veränderungen oft nur durch Genomsequenzierung ermittelt werden können. Das Screening auf Krankheitsrisikogene (z. B. bei Krebserkrankungen) kann auch bei der Krankheitsprävention helfen und eine engere medizinische Vorsorge bei Risikopersonen ermöglichen. Individuell zugeschnittene Therapieansätze auf der Grundlage von Genomanalysen tragen den biologischen Unterschieden bei Patient:innen Rechnung. Sie haben ein enormes Potenzial, um Patient:innen zu helfen, die auf standardisierte Therapieansätze nicht ansprechen. Von Krebs bis hin zu seltenen Erkrankungen kann die Genomik also bei der Überwachung und Verbesserung des Gesundheitszustands erheblich helfen und somit Leben retten.

Genomische Daten sind vertraulich. Patient:innen wissen das. Dennoch sind sie bereit, ihre Daten der Wissenschaft zur Verfügung zu stellen - in der Hoffnung, künftigen Patient:innen mit neuen Entwicklungen in der Wissenschaft zu helfen. Eine Studie mit Krebspatienten ergab, dass 97 Prozent generell bereit sind, klinische Daten für biomedizinische Forschungszwecke zur Verfügung zu stellen. Die wichtigste Bedingung für ihre Zustimmung? Hohe Datensicherheit. Ein Ziel, das die GHGA mit Nachdruck verfolgt.

Bislang ist die molekulare Analyse von Genomdaten zur Diagnose oder für personalisierte Therapien in Deutschland kein Teil der medizinischen Standardversorgung. Dies wird sich jedoch bald ändern. Im Jahr 2021 wurde die rechtliche Grundlage für ein Modellprojekt geschaffen, das ab 2024 innerhalb von fünf Jahren die genomische Medizin in die alltägliche klinische Versorgung integrieren soll.

 

Schon jetzt kann die Nutzung von Omics einen großen Einfluss auf die Gesundheitsversorgung haben. Hier stellen wir Beispiele vor, bei denen Omics-Daten das Potenzial haben, die Gesundheitsversorgung zu revolutionieren, und zeigen auf, wie GHGA an diesem Prozess beteiligt ist.

 

Gemeinsame Datennutzung in Krisenzeiten: die Corona-Pandemie

Ohne Genomforschung wäre die Corona-Pandemie völlig anders verlaufen. Wir wären nicht in der Lage gewesen, das SARS-CoV-2-Genom zu entschlüsseln, in rekordverdächtiger Zeit einen Impfstoff zu entwickeln oder neu auftretende Varianten zu überwachen und damit die Gesundheitspolitik zu informieren. Ohne die Sequenzierung der menschlichen Genome wären wir nicht in der Lage gewesen, individuelle Risikofaktoren vorherzusagen. Die gemeinsame Nutzung der Daten ermöglicht und beschleunigt die Forschungsarbeit. In Krisensituationen ist es besonders wichtig, Forschungsdaten schnell und dennoch sicher weiterzugeben. Der Aufbau einer Infrastruktur, die einen sicheren und zugleich demokratischen Datenzugang für legitime Forschungsfragen ermöglicht, wird für Deutschland eine solide Grundlage für die Zukunft schaffen. Während der Corona-Pandemie beteiligte sich GHGA an der CoGDat-Initiative und richtete ein Portal zur Sammlung und gemeinsamen Nutzung von Sars-CoV-2-Rohdaten ein, das die molekulare Überwachung von Virusvarianten in ganz Deutschland ermöglichte.

Die gemeinsame Nutzung von Omics-Daten für eine präzise Krebsmedizin

Umfassende Genom- und Transkriptionsanalysen können personalisierte Medizin ermöglichen und dadurch die Patientenversorgung verbessern. So zeigt die laufende multizentrische Beobachtungsstudie NCT/DKFZ/DKTK MASTER (Molecularly Aided Stratification for Tumor Eradication Research), dass molekulare Analysen diagnostische und therapeutische Vorteile für seltene Krebspatienten bieten. Mit Hilfe eines standardisierten Vorgehens wird das Tumorgenom des Patient:innen sequenziert und bioinformatisch ausgewertet. Die Ergebnisse werden in einem multidisziplinären Tumorboard diskutiert und es werden evidenzbasierte klinische Behandlungsempfehlungen ausgesprochen. Mit neuen Therapievorschlägen für mehr als 85% der Fälle und erhöhten progressionsfreien Überlebensraten für bis zu einem Drittel der Patient:innen beweist das MASTER-Programm den klinischen Nutzen der Genommedizin und unterstreicht den Bedarf an Referenzdaten. Der MASTER-Datensatz wird einer der ersten Datensätze sein, die innerhalb von GHGA zur Verfügung stehen.

Eine Referenzgenomsammlung für seltene Krankheiten schaffen

Seltene Erkrankungen werden durch Abweichungen im genetischen Code verursacht. Diese Varianten sind in der Allgemeinbevölkerung oft selten. Die Identifizierung dieser Veränderungen erfordert eine große Sammlung von Referenzgenomen, mit denen das Genom der betroffenen Patient:innen verglichen werden kann. Je seltener eine Krankheit ist, desto größer müssen die Datensätze sein, um die genetische Abweichung zu finden. Für Fälle, die mit einer Häufigkeit von 1 zu 1 000 000 auftreten, ist eine Sammlung von 100 Millionen Genomen erforderlich, um die seltenen Erkrankungen zuverlässig zu identifizieren. Nur wenn große Referenzdatensätze erstellt und von den Kliniken gemeinsam genutzt werden, kann die Diagnose von Patienten gelingen. Eine rasche und korrekte Diagnose und Behandlung der Krankheit ist ein großer Erfolg für den oder die einzelne Patient:in. Es entlastet aber auch das Gesundheitssystem. Durch den Einsatz von Sequenzierungstechniken in einem frühen Stadium des Diagnoseprozesses kann die diagnostische Erfolgsquote mehr als verdreifacht werden, bei einem Drittel der Kosten pro Diagnose. GHGA arbeitet eng mit Forschenden und Interessengruppen im Feld der seltenen Erkrankungen zusammen, um sicherzustellen, dass z. B. Arbeitsabläufe bereitgestellt werden, die auf die Bedürfnisse dieser Gruppe zugeschnitten sind.

 

 

 

KI-gestützte Gesundheitsversorgung

Künstliche Intelligenz (KI) ist im Gesundheitswesen bereits weit verbreitet und findet in immer mehr Bereichen Anwendung: robotergestützte Chirurgie; Apps, die bei der Erkennung von Hautkrebs helfen; Auswertung von MRT- und Röntgenbildern; Wearables für Diabetespatient:innen; Fitness-Tracker uvm. Um die den Anwendungen zugrunde liegenden KI-Algorithmen zu trainieren, werden große Datensätze benötigt. Die Weiterentwicklung der KI-gestützten Gesundheitsfürsorge könnte weltweit jährlich Milliarden von US-Dollar einsparen. GHGA wird sicheren Zugang zu großen, homogenisierten Datensätzen bieten, um mittels KI-basierte Big-Data-Analyse wertvolle Forschungsfragen zu beantworten. 

 

Bevölkerungsdaten für die Forschung nutzen

Die Nationale Kohorte Deutschland (NAKO Gesundheitsstudie) ist eine langfristige Bevölkerungsstudie, die von einem Netzwerk deutscher Forschungseinrichtungen organisiert und durchgeführt wird. Ziel ist es, die Ursachen von Volkskrankheiten wie Krebs, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Infektionskrankheiten zu erforschen und die Rolle von z. B. Umweltfaktoren, Ernährung, Lebensstil und unseren Genen aufzudecken. Die umfassende Sammlung von Gesundheitsdaten aller 200 000 Teilnehmer, die nun auf Omics-Daten ausgeweitet wird, soll dazu dienen, die Ursachen und Risikofaktoren dieser weit verbreiteten Krankheiten zu erforschen und Möglichkeiten der Früherkennung und Prävention aufzuzeigen. Die Omics-Daten werden in GHGA gespeichert, so dass dieser große bevölkerungsbezogene Datensatz auch für die weiterführende Forschung zur Verfügung steht.